Ein Bönpo-Dzogchen-Wochenende

Seit Montag abend bin ich nun wieder zurück - zurück von einem der schönsten Wochenenden die ich bisher erleben durfte. Vier Tage in der Gegenwart von einem der größten und eindrücklichsten Meistern des Dzogchen. Vier Tage angefüllt mit Belehrungen über die höchsten und wundervollsten Lehren des Bön - den Lehren des Zhang Zhung Nyan Gyud. Gemeinsam mit Khenpo Tenpa Yungdrung und Geshe Samten erwies uns Yongdzin Rinpoche die außergewöhnliche Ehre seines ersten Besuches in der Schweiz, und gab uns die einmalige Gelegenheit Belehrungen mit dem Titel 'ltaba spyi gcod kyi mnyam bzhag sgom pa'i lag len' von ihm zu empfangen. Diese Belehrungen umfassen das erste Kapitel des Zhang Zhung Nyan Gyud, doch tatsächlich präsentierte uns Lopön in sehr kondensierter und komprimierter Form mehr oder weniger den gesamten Zyklus des Nyan Gyud in diesen vier Tagen, angefangen von den Ngöndro, über die besonderen vorbereitenden Übungen des Dzogchen, den inneren und äußeren Rüshen und den Semdzins, über die Traum und Nacht-Praxis, bis hin zu Trekchö, Thögal und der Dunkel-Praxis. So übertrug er den gesamten Lehr-Zyklus, mit Ausnahme der Bardo-Teachings. Lopön gab jeden Morgen mit großer Geduld und Nachsicht über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden die essenziellsten Unterweisungen des Nyan Gyüd, und Khenpo Yungdrung gab jeden Nachmittag ebenfalls zwei bis dreieinhalbstündige Vorträge in denen er vertiefende Belehrungen und Erläuterungen über die wichtigsten Punkte der Unterweisungen von Lopön gab.

Im Laufe der Zeit hatte ich nun bereits die Gelegenheit, von verschiedenen Lamas aus verschiedenen Traditionen Belehrungen zu empfangen, doch musste (oder durfte) ich bereits am ersten Tag dieses Seminares feststellen, dass Lopön selbst unter all den 'großen' Lamas noch eine ganz besondere Stellung einnimmt. Abgesehen von Falten und grauen Haaren ist Von seinem doch schon recht fortgeschrittenen Alter eigentlich gar nichts zu bemerken, im Gegenteil, zeitweise hatte man eher das Gefühl in der Gegenwart eines sehr sehr aufgeweckten kleinen Jungens zu sein, um nur Momente später spontan Gewissheit zu erlangen, zu den Füßen eines voll erleuchteten Buddhas zu sitzen. Selbst wenn er nur schweigend dagesessen wäre, ohne auch nur ein Wort zu lehren, wäre seine reine Anwesenheit, seine Ausstrahlung und seine enorme Präsenz ein einscheidendes und unvergessliches Erlebnis für wohl jeden von uns gewesen. Und das uns die Gnade zuteil wurde, in dieser kurzen Zeit so viele seiner kostbaren Unterweisungen zu empfangen, steigert diese Erfahrung ins schier ins Unermessliche. Lopön ist der lebende Beweis für die Wirkungsweise, die Macht und die Effizienz der Lehren der Buddhas. Jedes seiner Worte, jede seiner Handlungen, und sei es nur die kleinste Bewegung, widerspiegeln eine Kraft, die nicht in Worten beschreibbar ist, all seine Aktivitäten sind gekennzeichnet von einer unermesslichen Sanftheit, und doch gleichzeitig auch von unermesslicher Kraft und Energie. Hätte mir noch vor kurzem jemand in einem Satz gesagt, etwas sein kraftvoll und gleichzeitig sanft, so hätte ich dies als Widerspruch aufgefasst, doch nun habe ich persönlich erfahren dürfen, dass in einer solchen Beschreibung keinerlei Widerspruch zu finden ist. Die war meine erste Begegnung mit Lopön, und selbst wenn ich ihn in diesem Leben nicht mehr treffen sollte, wird diese eine Begegnung noch für sehr lange Zeit einen sehr starken Einfluß auf mich haben. In gewisser Hinsicht fühle ich mich wie ein schwer Kranker der nach langer Zeit des Leidens plötzlich auf wundersame Weise geheilt wurde - eine Erfahrung gleich einem kostbaren, unbezahlbaren Geschenk das Auswirklungen auf den ganzen Rest des Leben hat. Aber ich hoffe trotzdem sehr, Lopön noch in diesem Leben des öfteren begegnen zu können - vielleicht, wenn die karmischen Ursachen gegeben sind, schon nächstes Jahr im Pauenhof....

Aber auch Khenpo Yungdrung Rinpoche hat einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen. Die Art und Weise in der er Belehrungen gibt ist ebenfalls einzigartig - so voller Frische und Witz dass er Stunden um Stunden erzählen und lehren kann ohne dass es auch nur für einen Moment langweilig wird. Selbst seine Belehrungen über die absoluten 'basics' wie Bodhichitta oder Zuflucht gestaltet er höchst interessant und immer gespickt und angereichert mit Dzogchen. So kann er in einem Satz über die Natur, Essenz und Energie sprechen, und gleichzeitig Ausführungen über Mitgefühl geben, und das ganz ohne dabei Verwirrung bei den Zuhörern zu stiften. Ich habe schon Belehrungen von anderen Lamas erhalten, die in einem Atemzug Unterweisungen über grundlegende Mahayana oder auch Hinayana teachings und über Dzogchen gaben, doch meistens verursachte ein solches Vorgehen nur mehr oder minder starke Irritationen, und manchmal schien es sogar so, als würde der jeweilige Lama das Wort Dzogchen nur deswegen von Zeit zu Zeit erwähnen, um die Zuhörer bei der Stange zu halten. Khenpo Yungdrung ist in dieser Hinsicht jedoch wirklich ganz speziell, denn er versteht es auf einzigartige Weise, Sutra, Tantra und Dzogchen Belehrungen in nur einem Vortrag so zu kombinieren, dass alle diese Lehren wie eine einzige Unterweisung erscheinen, ohne Widersprüche, Unterschiede oder Verwirrungen.

Ich könnte noch Seitenweise weiterschreiben und von diesem Wochenende weiterschwärmen, deshalb laß' ich's besser gleich hier bleiben und zeig euch lieber noch ein paar Schnappschüsse die ich gemacht habe ;-)



....der Halwiler See in Seengen....


Khenpo Tenpa Yungdrung Rinpoche


Geshe Samten & Khenpo Tenpa Yungdrung












Lopön & meine Wenigkeit :-)

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